Chylothorax und Leberzyste

Fall „ Shorty“

Nationale
Shorty, Katze schwarz-weiß, männlich kastriert, geboren 2000, Europäische Kurzhaarkatze;

Anamnese
Seit zwei Tagen wrgen, erschwerte Atmung, schläft viel, frisst wenig, Katze ist Freigänger –
Besitzer vermutet Verkhlung.
Katze wurde vor 5 Jahren am Darm wegen eines Fremdkörpers operiert.

Klinik
Hgr. verschärft vesiculäre Atmung, Atemnot (offene Maulatmung), Maulschleimhaut mgr.
zyanotisch, Temperatur 37,0°C, Brust-Bauchbereich schmerzhaft

Untersuchungen
Röntgen: Thorax Abdomen
Thorax: Hochgradig verschattet, Herz nicht abgrenzbar, kleiner
belfteter Lungenanteil in Verlängerung der Trachea erkennbar.

 

 

 

(1. Verdacht: Herzinsuffizienz, fel. Asthma, Tumor, FIP)

Abdomen: Faustgroßer runder Tumor im cranialen Abdominalbereich

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 2 A 4040 Linz / 2007

Ultraschall: Abdomen

Tumor ist mit Flssigkeit gefllt, unmittelbar an Leber angrenzend und Doppler-negativ.

Lebergewebe ohne pathologische Veränderungen und restliches Abdomen unauffällig.

Nottherapie: wegen hgr. Dyspnoe: Antibiose (Amoxicillin 11mg/kg); Entwässerung

(Furosemid 4mg/kg); Dexamethason (0,15mg/kg); Infusion iv. Sterofundin

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 3 A 4040 Linz / 2007

Erweiterte Untersuchungen

Ultraschallgefhrte Punktion des Tumors Punktion einer klaren

Flssigkeit

Im Harnteststreifen waren Protein und Glucose hoch.

Punktatuntersuchung Abdominaltumor (Handrefraktometer)

Klare Transparenz, Spez.Gewicht 1010, Protein mgr positiv

(Harnteststreifen); Glucose positiv (Harnteststreifen): Diagnose des

Punktates : Transsudat

Verdachtsdiagnose: faustgroße Leberzyste oder zystenbildender

Tumor

Ultraschallgefhrte Punktion des Thorax: Punktion einer

milchig weißen Flüssigkeit.

Das spezifische Gewicht betrug: 1030 (Refraktometer). Die

Flssigkeit wurde ins Labor eingesandt.

Punktatuntersuchung Thorax:

Gesamt Eiweiß: 44,8 g/l

Spez. Gewicht 1031

Zellzahl 3120 pro myl

Cholesterin 3,1

Triglyceride 8,6

Zytologischer Befund:

May-Grnwaldfärbung: Das leicht blutig zellreiche Punktat

beinhaltet berwiegend Lymphozyten, mgr. Makrophagen

und ggr. neutrophile Granulozyten. Phagozytierte Bakterien in den neutrophilen Granulozyten

wurden nicht beobachtet. Keine Zellen mit deutlichen Malignitätskriterien gefunden.

Punktatdiagnose: Chylus

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 4 A 4040 Linz / 2007

Diagnose1: Leberzyste oder zystenbildender Tumor

Diagnose 2: Chylothorax

Blutlabor: Blutbild und Blutchemie unauffällig

Lapratomie und Chirurgie der abdominalen Umfangsvermehrung

36Std. Stabilisierung mit 3x täglich Furosemid (2mg/kg), Fortekor 2,5mg

Narkose:

Einleitung: Ketamin 5mg/kg iv mit Xylacin 1mg/kg iv

Narkose-Erhaltung: Inhalation mit Isofluran.

OP:

Lapratomie von der Mediane aus.

Untersuchung von Netz, Dnndarm, Dickdarm, Darmlymphknoten, Gekrö se, Blase, Milz,

Nieren, Pankreas, Magen und Leber.

Dabei zeigte sich eine faustgroße zystische Umfangsvermehrung anscheinend zwischen den

Leberlappen (Lobus caudatus). Restliches Abdomen war unauffällig.

Intraoperative Punktion der Umfangsvermehrung mit folgender Eröffnung und Entleerung.

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 5 A 4040 Linz / 2007

Nach großzgiger Eröffnung und Anzgelung der entfernten Eröffnungspunkte folgt die

Entnahme eines Stckes der dnnen Zystenwand am Übergang zum Lebergewebe fr die

histologische Untersuchung.

Annähen der angezgelten Eröffnungsstellen der Leberzyste, sodass sich eine mö gliche

Flssigkeitsbildung in die Bauchhöhle entleert.

Fortlaufende Naht mit Vicryl der Bauchdecke, der Unterhaut und der Haut.

Weitere Ü berlegung: Verschattung des Thorax ist ein Chylothorax. Mö glicherweise durch

Kompression des Ductus thoracicus und dessen Ruptur ausgelö st durch die große Leberzyste.

Postoperative Therapien

Medikamentelle Therapie

Furosemid 5mg/kg 2x täglich

Amoxillin 11mg/kg täglich

Therapeutische ultraschallgefhrte Punktionen

Thorax: beide Thoraxseiten alle 3 Tage. Punktatmenge 20

bis 130ml Chylus pro Sitzung. fr 3 Wochen.

Diskussion der Leberzyste

Leberzysten sind charakterisiert durch dnne, gut markierte Wände, scharfe Grenzen und

keinen Inhalt außer homogener Flssigkeit. Dies lässt sich am besten im Ultraschall

feststellen. Bei einer Punktion lässt sich eine wässrige, durchsichtige und homogene

Flssigkeit gewinnen. Bei differentialdiagnostischer Untersuchung im Vergleich zum Harn ist

erhöht Protein und Glucose feststellbar.

Zysten können angeboren oder erworben sein und solitär oder multipel auftreten.

Leberzysten können das Lebergewebe, die Gallengänge oder andere Strukturen schädigen.

Dies ist abhängig von der Lage, der Menge und der Grö ße. Erworbene Zysten die sich

außerhalb des Gallengangsystems entwickeln, sind meist durch Traumen oder Entzndungen

entstanden. Leberzysten kommen häufiger bei Katzen als bei Hunden vor. Bei Hunden

werden sie bevorzugt bei Westhighland und Cairn Terriern beobachtet.

Oft kann es sich um eine polyzystische Nierenerkrankung mit zystischer Leberbeteiligung

handeln. Daher ist auch eine Ultraschalluntersuchung der Nieren wichtig.

Bei manchen zystischen Strukturen in der Leber kann es sich auch um eine Ektasie des

Gallenganges handeln.

Im Ultraschall sind Zysten ab einer Größe von 1cm Durchmesser diagnostizierbar.

Differentialdiagnosen zur Leberzyste

Hämatome

Je nach Alter des Hämatoms erscheint es im Ultraschall mit variablen Echos. Akute

Blutungen sind echoreich. Nach Blutgerinnung und Organisierung kann das Hämatom wie

eine Zyste ohne Ultraschallecho sein. Jedoch sind die Ränder immer irregulär und schlecht

abgrenzbar.

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 6 A 4040 Linz / 2007

Abszesse

Leberabszesse erscheinen im Ultraschall meist echoreich und diffus inhomogen.

Ähnlich wie beim Hämatom hängt es vom Alter des Abszesses und dem Erscheinungsbild er

zentralen Nekrose ab. Manchmal sind homogene echodichte Strukturen feststellbar, die auf

Gasbildung hindeuten.

Abszesse in der Leber sind selten und oft mit multiplen Organinfektionen oder mit Diabetes

assoziiert. Häufig wurde bei Abszessen Escherichia coli isoliert.

Durch penetrierende Fremdkörper, Leberlappentorsionen und Tumoren kann es auch zu

Abszessen kommen.

Lebernekrosen

Nekrosen stellen sich im Ultraschall als gut abgrenzbare Areale mit hypoechogenen Läsionen

dar. Ursachen der Nekrose sind chemische, toxische, virale oder autoimmune Noxen.

Noduläre Hyperplasie

Ist eine gutartige Lebererkrankung bei älteren Hunden. Die noduläre Hyperplasie erscheint im

Ultraschall als leicht hypo- bis leicht hyperechogener Knoten. Bei der Katze wurde die

noduläre Hyperplasie noch nicht beschrieben. Es besteht ein ähnliches Erscheinungsbild wie

bei Tumoren oder Metastasen. Eine Biopsie oder ein Feinnadelaspirat bringen Abklärung.

Neoplasien

Metastatische Tumoren kommen bei Hund und Katze häufiger vor als primäre Lebertumoren.

Metastasen kommen ber die Arteria hepatica, die Pfortader, die Lymphgefäße oder ber

anliegende Organe wie Magen und Pankreas. Metastasen sind entweder Karzinome (Magen,

Darm, Pankreas, Mammae) oder Sarkome (Hämangiosarkom, Fibrosarkom, Myosarkom

oder Lymphosarkome).

Primäre Tumoren der Leber sind hepatozelluläre Adenome und Karzinome,

Gallengangsadenome (häufiger feline zystische Gallengangsadenome bei Katzen ab 10 Jahren)

und Karzinome sowie von Lebergefäßen und Bindegewebe ausgehende Tumoren.

Die Erscheinungsformen der Lebertumoren sind sehr unterschiedlich. Eine genauere

Abklärung bringt ein Feinnadelaspirat oder eine Leberbiopsie.

Diskussion des Chylothorax

Austritt von lipidhältiger Lymphflssigkeit (Chylus) vom Ductus thoracikus in den Thorax.

Chylus

weißlich trb (Chylomikronen: Transport von Fetttrö pfchen aus dem Darm)

mgr. Proteingehalt (>2,5g/dl)

ggr-mgr. kernhaltige Zellen (400-10000 pro ml hauptsächlich Lymphozyten und

wenige Granulozyten und wenigen Erythrozyten)

höherer Triglyzeridgehalt als im Serum.

Ursachen

Trauma:

Ruptur des Ductus thoracikus

Nicht traumatisch:

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 7 A 4040 Linz / 2007

Obstruktionen der Lymphbahnen durch raumfordernden Prozess (Tumor) oder durch

gesteigerten Venendruck

Entzndung der Lymphbahnen

Generalisierte Lymphangieektasie

Neoplasien (mediastinale Lymphome bei der Katze)

Kardiomyopathie, Perikarditis, Grnde fr Rechtsherzversagen, Dirofilariose

Lungenlappentorsion

Zwerchfellhernie

Idiopathisch

Klinik

Atemnot, Lethargie, Anorexie, Gewichtsverlust, Leistungsinsuffizienz und Husten

Labor

Eventuell Hypoproteinamie, Lymphopenie im Blutbild

Therapie

Eliminierung der Ursachen

Thorakozenthese bei Bedarf (Atemnot)

Infusionstherapie (Ausgleich des Elektrolythaushaltes)

Fettarme Diet (z.B.: Hills fel. w/d. oder RC fel. obesity)

Rutin (Benzopyron) 50mg/kg alle 8 Stunden po (steigert Resorption des Ergusses und

vermindert Fibrosierung der Pleura. Verringert Proteingehalt des Ergusses durch

Einfluss auf Makrophagenfunktion)

Chirurgisch: Ligation des Ductus thoracikus (Lymphgefäße vor OP durch

Lymphangiographie darstellen.)

(Thoraxdrainagen)

Prognose

Vorsichtig

Je länger ein Chylothorax besteht umso eher entwickelt sich eine Pleuralfibrose.

Differentialdiagnosen zum Chylothorax

Das Allgemeinverhalten, Auskultation, Perkussion, Rö ntgen kö nnen bei allen Erkrankungen

der Pleura und des Mediastinums gleichermaßen verändert sein.

Pleuritis

Die entzndliche Erkrankung des Brustfells (Pleura) kann fibrinös (trocken), exsudativ (naß)

oder purulent (eitrig) sein. Ursachen sind Viren (Herpes, Calici, FIP), Bakterien

(Mykobakterium, Streptokokken, Staphylokokken, Pasteurellen, Pseudomonaden, Proteus),

Parasiten (Larven von Aerostrongylus). Infektionen passieren Ösophagus, Trachea.

Klinisch bestehen Schmerzhaftigkeit und Fieber sowie alle Zeichen der Entzndung. Im

Blutbild zeigt sich eine Leukozytose.

Eine Punktion bringt die genaue Diagnose.

Hydrothorax

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 8 A 4040 Linz / 2007

Flssigkeitsansammlung nicht entzndlicher Genese in der Brusthöhle. Ursachen sind:

Rechtsherzinsuffizienz, Leberinsuffizienz, nephrotisches Syndrom, Enteropathien oder

Senkung des kolloidosmotischen Druckes (Albuminmangel). Ergsse sind reine Transsudate

(klare Flssigkeit, Zellarm, Proteinarm, niedriges spezifisches Gewicht)

Klinisch zeigt sich Dyspnoe, Zyanose, kein Fieber.

Diagnose: Punktion und deren labordiagnostische Untersuchung

Hämothorax

Blutungen treten meist durch Unfälle, seltener infolge hämorrhagischer Diathesen

(Kumarinvergiftungen, Tumoren) auf.

Klinisch zeigt sich Dyspnoe und Zyanose wie bei Hydrothorax und die entsprechenden

Traumen (Rippenbrche, Bissverletzung). Bei starker Blutung bestehen die Symptome der

Hypovolumämie.

Thorakozenthese dient zur Abklärung der Diagnose.

Pseudochylothorax

Pseudochylöse Ergsse entstehen durch Modifikation von Exsudaten. Es kommt dabei zu

einer Umwandlung der Entzndungsprodukte in Cholesterinkristalle, die der Ergussflssigkeit

das gleiche milchige Aussehen verleihen wie bei echtem Chylus. Pseudochylöse Ergsse

können nach viralen (FIP)und bakteriellen Pleuritiden auftreten.

Pneumothorax

Eintritt von Luft in den Pleuraspalt fhrt zum Kollabieren der Lunge mit Beeinträchtigung

oder Ausfall der Lungenfunktion. Die Ursache sind penetrierende Verletzungen der

Brusthö hle oder Zusammenhangstrennungen der Trachea, der Bronchien, oder der Lunge

einschließlich der Pleura costalis. Bei Zusammenhangstrennung der Alveolen kann die Luft

ins Mediastinum entweichen.

Klinisch zeigt sich Dyspnoe und bei Auskultation ein Fehlen der Atemgeräusche ber der

erkrankten Thoraxhälfte. Die Perkussion ergibt einen tympanischen Schall. Auf dem

Röntgenbild ist die atelektatische Lunge zu erkennen. Das Herz erscheint typisch vom

Sternum abgehoben.

Diagnostisch sind: Auskultation (fehlendes Atemgeräusch), Perkussion (tympanischer Schall),

Röntgen (abgehobenes Herz, kollabierte sichtbare Lunge) und Anamnese.

Tumoren der Brusthöhle

Hauptsächlich im Verlauf der Leukose. Ein Befall der Lymphknoten am Brusteingang

verursacht eine Gefäßkompression und es tritt Flssigkeit aus.

Druck auf den Ö sophagus und auf die Trachea können Schluck und Atembeschwerden

verursachen.

Diagnostisch können Röntgen, Punktat, Biopsie und Leukose-Test eingesetzt werden

Zwerchfellrupturen

Eine Hernia Diaphragmatika kann mittels Kontraströntgen und entsprechender

Traumaanamnese nachgewiesen werden.

Ó Dr. med.vet. Ernest Kramberger-Kaplan 9 A 4040 Linz / 2007

Referenzen und Literatur:

Kraft/Drr: Katzen Krankheiten Klinik und Therapie

Nyland/Mattoon: Small animal diagnostic ultrasound.